BSG: Die Zulassungsgremien sind nicht berechtigt, den Verkehrswert zu bestimmen, wenn im Nachbesetzungsverfahren zwischen Abgeber und allen Bewerbern keine unterschiedlichen Preisvorstellungen bestehen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 14.12.2011 – B 6 KA 39/10 R – in dem von uns geführten Rechtsstreit entschieden, dass der Berufungsausschuss für Ärzte nicht berechtigt ist, von Amts wegen den Verkehrswert einer Praxis festzusetzen, wenn kein Streit über die Höhe des Kaufpreises zwischen dem ausscheidenden Arzt und den Bewerbern besteht. Damit wurde unsere Rechtsauffassung in dritter Instanz bestätigt.

Die Klägerin wendete sich in diesem Prozess gegen die Festsetzung des Verkehrswertes für ihre psychotherapeutische Praxis durch den Berufungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Regierungsbezirk Tübingen. Dieser hielt den zwischen dem ausscheidenden Arzt und allen Bewerbern vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 40.000 € für zu hoch und kam deshalb in seiner Sitzung nicht seiner Aufgabe nach, einen von drei Bewerbern auszuwählen und zuzulassen. Vielmehr gab er ein Gutachten über den Wert der Praxis in Auftrag. Über das Ergebnis dieses Gutachtens (ca. 35.000 €) und über das vom ausscheidenden Arzt bereits vorgelegte Wertgutachten (ca. 56.000 €) setzte er sich mit unterschiedlichen Begründungen hinweg und setzte den Verkehrswert der Praxis schließlich selbst auf 2.940 € fest.

Die Richter des BSG halten eine Entscheidung durch die Zulassungsgremien hinsichtlich des Verkehrswertes entgegen der Feststellung durch die Vorinstanzen nur für zulässig, wenn zwischen dem abgebenden Arzt und den Bewerbern unterschiedliche Preisvorstellungen bestehen und deshalb der Verkehrswert für die Auswahl unter den Bewerbern entscheidungserheblich ist. Die Regelung, dass die Interessen des ausscheidenden Arztes nur insoweit zu berücksichtigen sind, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt, solle verhindern, das aus einer Mehrheit von geeigneten Bewerbern derjenige auszuwählen sei, der den höchsten Kaufpreis zahlt.

Soweit die Zulassungsgremien den Verkehrswert ermitteln dürfen bzw. müssen, steht ihnen kein gerichtlich nur eingeschränkter Beurteilungsspielraum zu.
Zur Ermittlung des Verkehrswertes einer psychotherapeutischen Praxis ist auch die modifizierte Ertragswertmethode grundsätzlich geeignet. Auch insoweit ist das Bundessozialgericht unserer Rechtsauffassung gefolgt.

Die Entscheidung des BSG ist noch nicht rechtskräftig. Die schriftlichen Urteilsgründe stehen noch aus.


mitgeteilt von Jutta Klammt-Asprion
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht

www.arztundmedizinrecht.de

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BGH bestätigt modifizierte Ertragswertmethode / Honorarnachzahlungen

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