Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 17.3.2010 (B 6 KA 43/08 R) in dem von uns geführten Musterrechtsstreit entschieden, dass der Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV BW) – hier für den Bereich Nord-Württemberg (Bezirksdirektion Stuttgart) – im Quartal 2/2005 rechtswidrig ist. Damit wurde unsere Rechtsauffassung nun auch in 3. und letzter Instanz gerichtlich bestätigt.

Der Kläger machte in diesem Musterprozess geltend, dass der HVV der KV BW gegen die Vorgaben des § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V verstoße und auch durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 nicht gedeckt sei. Der diesem Honorarbescheid zu Grunde liegende HVV sah weder arztgruppenspezifische Grenzwerte noch die Vergütung mit festen Punktwerten vor. Dies, so die Richter in der mündlichen Urteilsbegründung, entferne sich so weit vom Gesetz, dass diese Regelung mit höherrangigem Recht nicht mehr zu vereinbaren sei. Aus diesem Grund verurteilten sie die beklagte KV BW, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Dem Versuch der KV BW, unsere Klage von Anfang an als unzulässig darzustellen, weil ein fester Punktwert rückwirkend nicht mehr zu erreichen sei und somit auch das Argument der Kalkulationssicherheit leer laufe, erteilten die Richter eine deutliche Absage. Eine solche Rechtsauffassung sei, so der Vorsitzende, mit der verfassungsrechtlich geschützten Rechtsweggarantie (Art. 19 IV GG) nicht vereinbar.

Allerdings hält das BSG entgegen den Vorinstanzen die Öffnungsklausel des Bewertungsausschusses für rechtmäßig. Dem Bewertungsausschuss stünde ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der hier noch nicht überschritten worden sei. Diese Rechtsauffassung ist angesichts der eindeutigen Regelung im Gesetz (obligatorische Einführung arztgruppenspezifischer Grenzwerte mit festen Punktwerten) nur schwer nachzuvollziehen.

Gleichwohl hoben die Richter den beklagten Honorarbescheid (2/2005) auf, weil der HVV, auf dem dieser Bescheid beruht, die inhaltlichen Vorgaben der Öffnungsklausel nicht erfüllt. In der mündlichen Urteilsbegründung deutete der Vorsitzende an, der Senat hätte dies womöglich anders beurteilt, wenn die KV BW die bis dahin geltende Regelung des HVM (in NW gab es zuvor schon feste Punktwerte) übergangsweise fortgeführt hätte. Die zum Quartal 2/2005 getroffenen Änderungen im HVV würden im Kern so weit von der bisherigen Regelung des HVM abweichen, dass von einer „Fortführung“ i.S. der Öffnungsklausel nicht mehr die Rede sein könne.

Die Entscheidung des BSG ist für die KV BW nicht mehr anfechtbar; eine Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig. Welche weiteren Schlussfolgerungen aus dieser höchstrichterlichen Entscheidung für die KV BW zu ziehen sind, kann erst nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung beurteilt werden.

Mitgeteilt von Dr. jur. Joachim B. Steck
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht





LSG BW : Rechtsschutz für Logopädin

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